Lokales integrieren

Wie SBB Immobilien eine vielfältige Kaffeekultur fördert.

Wer regelmässig an grossen Schweizer Bahnhöfen unterwegs ist, weiss: Die Zeiten von dünnem, saurem Kaffee aus braunen Plastikbechern sind vorbei. Heute sorgen authentische und regional verankerte Kleinanbieter:innen für echten Geschmack. Dahinter steckt eine klare Vision von SBB Immobilien. Welche das ist, erläutert Alexis Leuthold, Leiter Bewirtschaftung SBB Immobilien. Zudem geben vier innovative Vertreter aus der Kaffeeszene einen spannenden Einblick in ihre Welt des Kaffees.

28. Juli 2023

Seit wenigen Jahren trifft man vermehrt auf ein kleines, feines Kaffeeangebot an Schweizer Bahnhöfen. Auf dem Weg zum Perron noch kurz einen guten Kaffee kaufen – inzwischen vielerorts eine Selbstverständlichkeit. Die lokalen Kaffeeanbieter:innen wissen genau, was die perfekte Röstung ausmacht, wie fein der Kaffee gemahlen sein muss und welche Temperatur das Wasser haben sollte.

Bei der Vergabe von Ladenflächen spielt der Faktor Regionalität eine wichtige Rolle und Vielfalt wird gezielt gefördert: «Unser Ziel ist es, die Aufenthaltsqualität und den Lokalkolorit in den Bahnhöfen mit einem abwechslungsreichen, einzigartigen Mieter:innenmix zu stärken. Damit werden unsere Bahnhöfe zu Visitenkarten und prägen gleichzeitig die Identität des jeweiligen Standorts», sagt Alexis Leuthold, Leiter Bewirtschaftung SBB Immobilien. Es steckt also eine klare Strategie dahinter, wenn Pendler:innen morgens in den Genuss eines Kaffees beim Barista ihres Vertrauens kommen.

Ein Blick auf verschiedene Standorte der SBB zeigt, wie vielfältig die Kaffeeperlen bei SBB Immobilien sind. Vier Kaffeeanbieter:innen im Gespräch.

Adrianos: Vor 25 Jahren die erste In-Shop-Rösterei.

In Bern schon fast Kultstatus geniesst das Adrianos. Das erste Kapitel der Erfolgsgeschichte hat Gründer Adrian Iten schon vor 25 Jahren mit der ersten In-Shop-Rösterei der Schweiz geschrieben. Mittlerweile ist das Unternehmen erwachsen geworden und betreibt drei Kaffeebars, einen Kaffeeladen sowie eine Rösterei in Bern. Seit 2020 gibt es den erstklassigen Kaffee auch im Bahnhof.

Spannend ist, dass Adrianos mit dem Konzept Playground etwas Neues ausprobiert. Adrianos teilt sich die Fläche alle paar Monate mit anderen lokalen Mieter:innen aus dem Bereich Gastronomie. Das bringt Abwechslung für die Kund:innen, und man kann die Regionalität gleich doppelt erleben.

Alexis Leuthold
Leiter Bewirtschaftung SBB Immobilien

Die Bohnen kommen bei Adrianos aus allen Regionen entlang des Kaffeegürtels. Und mit einigen Produzent:innen arbeiten sie schon seit den Anfängen zusammen. «Die Wertschöpfungskette für Kaffee ist enorm lang, und so viele Menschen sind insbesondere in den Produktionsländern involviert. Wenn immer möglich pflegen wir eine enge und langfristige Zusammenarbeit vor Ort», so Mathias Bühler, Head of Coffee. Wenn man bei Adrianos einen Kaffee trinkt oder von der hauseigenen Rösterei Bohnen oder Pads einkauft, hat Mathias in irgendeiner Form mitgewirkt.

Und wie trinkt Kaffeekenner Mathias seinen Kaffee am liebsten?

Ich trinke gern Filterkaffee, starte den Tag aber mit einem Cappuccino. Filterkaffee ist ein nordischer Trend, den wir hier in Bern schon lange zu etablieren versuchen.

MB
Mathias Bühler
Head of Coffee

«Der komplexe Kaffee hat nämlich wenig mit einem wässerigen, bitteren Getränk zu tun, sondern ist mit der richtigen Bohne, dem richtigen Wasser und der richtigen Röstung ein fruchtig-floraler Genuss», beschreibt Mathias.

ViCAFE: Kaffeefenster-Erfolgsstory.

In der Rösterei von ViCAFE in der Werkstadt Zürich, der ehemaligen SBB-Werkstätte in Zürich-Altstetten, wird emsig gearbeitet. Auf einer überschaubaren Fläche werden Jutesäcke gelagert, Bohnen geröstet und für den Verkauf abgepackt und das Lastenvelo beladen. Auch eine Kaffeebar steht im Produktionsraum, wo die Baristas für die Espressobars geschult werden. Seit der Pandemie ist ViCAFE enorm gewachsen, betreibt heute über 13 Kaffeefenster in Zürich und Eglisau, zwei in Basel und hat neue Geschäftszweige wie den Verkauf im Grosshandel oder für Kaffeestationen in Unternehmen etabliert. Trotz Wachstum hat sich an Philosophie und Konzept von ViCAFE nichts geändert: Sie kennen ihre Kaffeebauern persönlich, fachsimpeln weiterhin gerne über Botanik und Bodenbeschaffenheit, verfolgen die Wertschöpfungskette ganz genau und jede Verkaufsstelle hat ein (Kaffee-)Fenster – selbst bei einem Shop-in-Shop wie im The Bridge in der Europaallee. Erstklassige Qualität und ein authentisches Kaffeeerlebnis werden dabei grossgeschrieben.

«Die urbane Lage in der Werkstadt Zürich der Produktion und damit die Nähe zu unseren POS ist entscheidend. Wenn zum Beispiel eine Mühle kaputtgeht, können wir mit dem Lastenvelo eine neue vorbeibringen, die alte mitnehmen und bei uns in der Werkstatt reparieren», so Ramon Schalch, Geschäftsleiter bei ViCAFE. «Mit ViCAFE haben wir eine Kaffeemanufaktur, die Kaffee selber importiert, diesen in der Werkstadt Zürich röstet und an zahlreichen Standorten in Zürich, unter anderem am Hauptbahnhof, anbietet», führt Alexis Leuthold aus. So kommen Vorteile wie urbane Produktion, transparente Lieferketten und lokale Bündelung von Know-how nachhaltig zum Tragen.

Demnächst zieht die Rösterei mitsamt Lager, Trainingsbar, Bäckerei und Backoffice von verschiedenen Standorten innerhalb der Werkstadt in die Halle Q, dem künftigen Herzstück für urbane Produktionsstätten. Dort sollen die Kaffeewelt und die Marke ViCAFE erlebbar werden.

Der Umzug in die Halle Q ist für uns ein Leuchtturmprojekt. Es wird eine Brew-Bar geben und während man seinen Kaffee geniesst, kann man die Produktion beobachten, sieht, wie Kaffee geröstet und in der hauseigenen Bäckerei für die Kaffeefenster gebacken wird.

Ramon Schalch
Geschäftsleiter ViCAFE

Ein Ort, an dem man die Marke ViCAFE sieht, hört, riecht, schmeckt und fühlt – mitten in der Stadt, in der Werkstadt Zürich.

Kaffeekranz: Kaffee auf zwei Rädern und mehr.

Dass es beim Luzerner Kaffeevelo in der Personenunterführung qualitativ hochstehenden Kaffee gibt, hat sich mittlerweile rumgesprochen. Heute ist das Kaffeekranz eine feste Grösse in der Branche. Und seit Herbst 2022 findet man Kaffeekranz auch als Shop-in-Shop im Orell Füssli im Bahnhof Luzern. «Ich finde die Kombination von Kaffee und Büchern wunderbar – Kund:innen können ihre Wartezeit am Bahnhof so noch angenehmer verbringen», schwärmt Alexis Leuthold, der selber ein grosser Kaffeeliebhaber ist.

Im Gespräch mit Gründer Patrick Lüthold erfahren wir, dass Cappuccino bei seinen Kund:innen am beliebtesten ist. Aber was macht denn eine richtig gute Version des italienischen Frühstücksgetränks aus?

«Ein guter Cappuccino setzt sich zusammen aus einem Espresso-Shot mit den passenden Bohnen und Bio-Frischmilch, die nicht über 65 Grad Celsius erhitzt wird. Der Milchzucker soll sich zwar spalten, die Milch aber nicht verbrennen. Beim Schäumen achten wir drauf, dass wir einen Microfoam hinkriegen, also der Schaum seidig fein ohne grobe Bläschen gelingt und zusammen mit dem Espresso ein rundes Getränk ergibt», beschreibt Patrick. «Wenn man unserem Barista in der Unterführung zuschaut und sieht, wie schnell und geübt er tollen Kaffee auf dem Velo zubereitet, ist das wirklich beeindruckend», erzählt er.

Das Unternehmen vertreibt heute auch eigene Bohnen mit dem Namen «Lucky Bastards» an lokale Cafés und Bäckereien in Luzern.

Ich bin ein kleiner Player mit einer grossen Leidenschaft für guten Kaffee. Umso toller finde ich, dass SBB Immobilien jemandem wie mir die Chance gibt, mich zu beweisen.

Patrick Lüthold
Gründer Kaffeekranz

Kaffeemacher:in: Zwei Minuten für mehr (Espresso-)Genuss.

In Basel auf der Passerelle setzt Kaffeemacher:in neue Qualitätsmassstäbe. Die Anfänge des Unternehmens sind bemerkenswert: Gestartet haben Felix und Benjamin Hohlmann ursprünglich mit der Idee einer Kaffeeschule. «Wenn die Menschen mehr von Kaffee verstehen, ist auch ihr Interesse grösser und sie suchen genau die kleinen Röstereien», erläutert Mitgründer Felix. Heute betreibt das Unternehmen zwei Cafés in Basel, ist Inhaberin einer Kaffeeproduktion in Nicaragua und teilt auf dem hauseigenen YouTube-Kanal allerhand Wissenswertes über Kaffee.

Wir arbeiten gern mit regionalen Anbieter:innen zusammen. Deren Name ist den Kund:innen bereits ein Begriff und sie kennen die lokalen Vorlieben.

Alexis Leuthold
Leiter Bewirtschaftung SBB Immobilien

Ein guter Espresso zum Beispiel braucht Geduld – nämlich mindestens 25 Sekunden Durchlaufzeit, bis er genussfertig in der Tasse ist. «Mit den rund 10 Handgriffen der Barista ergibt das schnell eine Minute und mehr. An einem Bahnhof ist das eine echte Herausforderung. Deshalb haben wir auf der Gleispasserelle in Basel die Uhr extra zwei Minuten vorgestellt, damit die Leute genügend Zeit mitbringen. Diese zwei Minuten müssen einfach sein», schmunzelt Felix.

Auf der eigenen Kaffeeplantage in Nicaragua probiert Kaffeemacher:in Neues aus und baut zum Beispiel auch Sorten an, die regional typischerweise nicht kultiviert werden.

Für uns ist die Plantage in Nicaragua eine Art Feldforschung und wir lernen nie aus.

Felix Hohlmann
Co-Gründer & Geschäftsleitung Kaffeemacher:in

Felix gefalle am Produkt, dass jede Bohne, die weltweit geerntet werde, auch in irgendeiner Form zum Genussmittel verarbeitet werde. Und sei es auch nur für einen Beutel Instantkaffee.

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